Der Begriff „Zivilcourage“ setzt sich aus zwei Wörtern zusammen. Die deutsche Übersetzung lautet „Bürger“ und „Mut“.
Damit wird deutlich, was mit Zivilcourage gemeint ist. Es handelt sich um den Mut der Bürger, sich für das Gemeinwohl, für andere Menschen und gegen Gewalt einzusetzen. Der Begriff ist gesellschaftspolitisch besetzt. Damit ist das Thema vorgegeben. Die Bundeszentrale für politische Bildung weist deutlich darauf hin, dass Zivilcourage eine soziale Fähigkeit ist, die viele Kompetenzen erfordert.

 Wie stehts mit Zivilcourage und Empathie?

Wir leben in einer Welt, in der das eigene Wohl immer stärker in den Blickpunkt gerät. „Jeder ist sich selbst der Nächste“ heißt die Devise von immer mehr Menschen. Der Umgang mit Menschen, die diskriminiert, bedroht oder angegriffen werden, lässt sehr zu wünschen übrig. „Was geht mich das an“ ist eine Frage, die immer häufiger ausgesprochen wird.
Mobbing in Schulen und Unternehmen ist ein gutes Beispiel für fehlendes Mitgefühl. Solange man selbst nicht betroffen ist, mischt man sich nicht ein. Die Gründe dafür sind immer die gleichen. Wer will schon Ärger haben oder vielleicht selbst noch ins Fadenkreuz der Täter geraten. Und außerdem hat man auch ohne Zivilcourage schon Stress genug.

Wir sind eine anonyme Gesellschaft geworden.
Mitgefühl zeigen wir bei Spielfilmen und den Nachrichten. Der Nachbar, die Kollegin oder die Frau auf der Straße sind von unserem Mitgefühl oft nicht betroffen. Thomas Beckmann, der einst die Aktion „Beckmann spielt Cello“ ins Leben rief, erklärte dieses Phänomen. Seiner Auffassung nach schauen die Menschen weg, wenn andere in Not sind, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass es sie selbst treffen könnte.
Doch was auch immer der Grund ist, eine menschliche und menschenwürdige Gesellschaft kann nicht ohne Zivilcourage überleben. Jeder von uns muss lernen, sich in Menschen einzufühlen, die Opfer sind und denen Unrecht geschieht. Nur, wenn wir bereit sind, uns stark zu machen, damit das Leid beendet wird, können wir darauf setzen, dass auch andere sich für uns stark machen.

Zivilcourage Mit Mut zu mehr Freiheit

Der Wert von Freiheit und Demokratie, was hat das mit Zivilcourage zu tun?

Zivilcourage ist eine politische Angelegenheit und gehört gleichzeitig zu den Soft Skills, zu den sozialen Fähigkeiten. Wenn Menschen mit Menschen umgehen, haben sie das Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit. Wenn dieses Bedürfnis gestillt ist, können Menschen frei agieren. Sie wagen, ihre eigene Auffassung zu vertreten und für Gerechtigkeit einzustehen. Das ist eine wichtige Bedingung dafür, dass die Demokratie und die Freiheit in unserem Land erhalten bleiben.

Wie du Zivilcourage leben kannst

Niemand erwartet, dass ein anderer sich selbst in Gefahr begibt. Damit wäre niemandem geholfen. Es ist jedoch bestürzend zu lesen, dass ein Mann vor den Augen der Passanten auf einer Straße niedergeprügelt wurde. Es ist schrecklich zu erfahren, dass eine Frau überfallen und vergewaltigt wurde, während in der Umgebung Menschen zur Arbeit hasteten, ohne sie zu bemerken (oder bemerken zu wollen). Als Mensch, der in der Lage ist, Mitgefühl zu entwickeln, wirst du diese Meldungen mit Erschrecken wahrnehmen.

Doch was genau kannst du selbst tun?

Stürze dich niemals ins Getümmel. Ein weiteres Opfer hilft nicht. Entferne dich ein wenig am Ort des Geschehens und ruf die Polizei. Das kannst du sogar anonym machen, dir entsteht dadurch kein Nachteil.

Es gibt aber auch weniger gefährliche Situationen, in denen du couragiert auftreten kannst. So kannst du auf diskriminierende Witze in deinem Umfeld reagieren und klarstellen, dass du Diskriminierung nicht komisch findest. Trau dich, deine eigene Meinung zu vertreten und damit einen kleinen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Schon ein paar klare Worte helfen anderen dabei, nachzudenken und sich vielleicht zu verändern. Zivilcourage bedeutet "Schwimmen gegen Strom". 

Zivilcourage ist eine moralische Verpflichtung

Moral und Ethik sind aus der Mode gekommen. Trotzdem werden sie immer dann wieder gefordert, wenn einzelne sich schlecht oder ungerecht behandelt fühlen. Eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn alle sich einsetzen, ohne nur an sich selbst zu denken. So, wie Gläubige nicht nur in Notsituationen beten können und du deine Freunde nicht nur anrufen kannst, wenn du etwas brauchst, darf auch Zivilcourage nicht erst ein Thema werden, wenn eine Notsituation entsteht.

Der Schriftsteller Jonathan Swift hat zum Thema Zivilcourage eine deutliche These formuliert: "Und wer nicht jene Aufgabe erfüllt, die ihm zur Förderung des allgemeinen Wohls je nach seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten übertragen wurde, der ist nicht nur ein unnützes, sondern sogar ein höchst schädliches Mitglied der Gesellschaft, denn er nimmt seinen Teil von dem Ertrag, läßt aber seinen Teil an den Lasten durch andere tragen, und das ist die eigentliche und Hauptursache des meisten Elends und Unglücks auf der Welt."

Wenn mehr Menschen in mehr Situationen Zivilcourage zeigten, wären sich die Täter ihrer Sache nicht so sicher. In einer Gesellschaft, in der Menschlichkeit großgeschrieben wird, darf kein Täter sicher sein, dass ihm schon nichts passieren wird.

Wie können wir Kinder zur Zivilcourage erziehen?

Kinder haben ein sehr feines Gespür für Recht und Unrecht.

Wer seinen eigenen Kindern Zivilcourage vermitteln will, muss zuerst mit gutem Beispiel vorangehen.

  • Das bedeutet, als Eltern Mitgefühl zu zeigen. Die Kinder können einbezogen werden, wenn die Eltern sich für Schwächere und Notleidende einsetzen. So könnte zum Beispiel Kinderspielzeug, das nicht mehr gebraucht wird, gemeinsam mit dem Kind zu einer Sammelstelle gebracht werden.
  • Ein Kind sollte früh merken, dass es etwas tun kann, um anderen zu helfen.
  • Wenn das Kind älter wird, können Eltern über Kinderbücher und Filme über den Wert der Demokratie sprechen.
  • Außerdem sollten Eltern die Sorgen ihrer Kinder ernst nehmen, wenn sie Mitgefühl äußern. Die Botschaft, dass es jeden etwas angeht, wenn ein Mensch leidet, ist sehr wichtig für Kinder.
  • Wichtig ist allerdings, dem Kind zu vermitteln, dass es sich nicht selbst aufgeben oder opfern muss. Eltern müssen dem Kind vermitteln, dass der eigene Schutz wichtig ist. Ein kleines Training könnte sein, das Kind aufzufordern, seine eigenen Wünsche für sich zu äußern und vielleicht noch einen kleinen Wunsch für einen Menschen in Not. Weihnachten und Geburtstage sind gute Anlässe für ein solches kleines Training.
  • Eltern, die ihre Kinder christlich oder spirituell erziehen, können eine abendliche Fürbitte als Ritual initiieren.

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